Pressebericht

Badische Zeitung 18. August 2011

 
Zugfahren wie in den Fünfzigern
Der Verein IG Dreiseenbahn macht aus dem Bahnhof Seebrugg ein Freilichtmuseum und bietet Museumsfahrten an.

Nicht nur Züge, sondern auch Uniformen sollen dem Stil der 50er Jahre entsprechen. Foto: Thomas Glunk

Zug mit Dampflokomotive im Bahnhof Seebrugg Foto: Milan Neugebauer

Die Waggons werden originalgetreu neu bemalt. Foto: Milan Neugebauer

SEEBRUGG/TITISEE-NEUSTADT. Der Verein IG Dreiseenbahn veranstaltet zwischen Seebrugg, Titisee-Neustadt und Löffingen Museumsfahrten mit historischen Zügen. Neben den Fahrten kümmert sich der Verein auch um die Erhaltung des Bahnhofs Seebrugg im Stil der 1950er Jahre. Spenden und Förderprogramme sollen ermöglichen, dass aus dem historischen Bahnhof später ein Freilichtmuseum werden kann.
Es dampft, ein lautes Hupen ertönt und der Zug setzt sich langsam in Bewegung. Die kleinen Fenster ermöglichen einen Blick nach draußen. Man sitzt auf Holzbänken. Doch wer nur drinnen sitzen bleibt, verpasst etwas. Um das Zugfahren der 50er Jahre wirklich zu erleben, muss man zumindest ein Mal draußen stehen – dort, wo die Waggons aneinander gehängt sind. Windig ist es und laut. Man riecht den Rauch der verbrannten Kohlen, die die Dampflok ganz vorne antreiben. Und die Landschaft zieht an einem vorbei.

Getrödelt wird in diesem Zug nicht. 60 Stundenkilometer fährt er. Höchstgeschwindigkeit ist das nicht, aber auch kein langweiliger Museumszug, der eine kleine Runde auf abgesperrter Strecke fährt. Die Dreiseenbahn nutzt die Gleise der Deutschen Bahn und muss somit auch im Takt der heutigen Züge fahren. Daher kommen dann auch einige Aufenthalte zwischen Seebrugg und Titisee-Neustadt. In Aha, Falkau-Altglashütten und Bärental macht der Zug zumindest kurz einmal Halt, um anderen Zügen nicht in die Quere zu kommen.

Eröffnet wurde die Dreiseenbahn am 1. Dezember 1926. Bereits 1934 wurde mit der Elektrifizierung begonnen, dennoch verkehrten bis 1960 Dampfloks zwischen Titisee-Neustadt und Seebrugg. Die Strecke bekam ihren Namen, weil sie auf 19,2 Kilometern an drei Seen vorbeiführt – am Titisee, am Windgfällweiher und am Schluchsee. Noch heute ist die Aussicht vom Zug aus beeindruckend.

Während der Fahrt knipsen drei Schaffner Tickets. "Warum macht das denn nicht nur einer?", fragt ein Kind Horst Jeschke, einen der Schaffner. "Wir wollen nicht einfach nur Fahrscheine entwerten. Das ist uns zu unpersönlich. Wir beantworten viel lieber auch noch Fragen und unterhalten uns mit den Fahrgästen", antwortet er.

Dass viel Freude und Liebe zum Detail im Museumsbetrieb der Dreiseenbahn stecken, merkt man jedem der Beteiligten an. Jeschke trägt eine Uniform, wie sie auch in den 1950er Jahren an den Bahnsteigen zu sehen war. "Allerdings ist sie nicht ganz original. Uniformen der Lufthansa wurden so verändert, dass sie nicht mehr von den Originalen zu unterscheiden sind", gesteht Jeschke.
Spendenaktion "Schotter für Schotter"

Horst Jeschke ist Mitglied der IG Dreiseenbahn e.V.. Ziel des Vereins ist es, einen Museumsbetrieb aufzubauen und den Bahnhof Seebrugg zu erhalten. Der gesamte hintere Teil des Bahnhofs gehört dem Verein und wird derzeit restauriert. Die Substanz des Bahnhofs ist original wie vor 60 Jahren. Einen zweiten Staatsbahnhof, der in diesem alten Zustand ist, findet man in Deutschland nicht. Die Ig Dreiseenbahn bemüht sich gerade, den Originalzustand des Bahnhofs wieder herzustellen. Das fängt beim Wasserhahn an und hört bei den Lampen noch lange nicht auf. "Wenn man am Ende ein Schwarzweiß-Foto macht, soll nicht erkennbar sein, ob das Bild in den 50ern oder heute entstanden ist", sagt Jens Reichelt, erster Vorsitzender der IG Dreiseenbahn.

Die Fahrzeuge, die derzeit eingesetzt werden, stammen alle aus der Zeit zwischen Januar 1945 und Dezember 1960. Die IG Dreiseenbahn besitzt allerdings noch nicht ausreichend Lokomotiven und Waggons. Um dennoch einen stimmigen Zug präsentieren zu können, wurden Lokomotiven und Waggons aus ganz Deutschland gesammelt. Die Dampflok zum Beispiel kommt von den Eisenbahnfreunden Zollernbahn aus Rottweil. Man bemüht sich darum, ein möglichst authentisches Bild der damaligen Zeit zu liefern. Daher sind auch die Schilder, die sich am Zug befinden, Originalvorlagen nachempfunden.

Um den Bahnhof Seebrugg zu erhalten, wird jeden Samstag ehrenamtlich gearbeitet. Eigenarbeit reicht natürlich nicht – man braucht auch jede Menge Bares. Der Erlös aus dem Fahrscheinverkauf reicht lange nicht aus, um die hohen Kosten für die Dreiseenbahn zu decken, daher muss auf andere Mittel zurückgegriffen werden. Die Gleissanierung wird von der EU mit dem Förderprogramm Leader unterstützt. Um den für Leader erforderlichen Eigenanteil aufzubringen, beteiligen sich mehrere Gemeinden am Projekt. Die Dreiseenbahn wird außerdem von mehreren Unternehmen finanziell unterstützt und lebt von Mitgliedsbeiträgen und Spenden. Im Rahmen der derzeitigen Spendenaktion "Schotter für Schotter" sollen 12 000 Euro aufgebracht werden, um das Gleis bett zu erneuern. Die vorherige Spendenaktion Wasser für Seebrugg bescherte dem Bahnhof bereits den neuen Wasserhahn für die Dampfloks. Ein Spendenzertifikat dient jedem Spender als kleine Erinnerung.

Seit 2008 besteht die IG Dreiseenbahn e.V. und versucht das Ziel, aus dem Bahnhof Seebrugg ein Freilichtmuseum zu machen, zu verwirklichen. Hohe Kosten ermöglichen derzeit noch keinen durchgehenden Museumsverkehr, daher fährt der Zug nur an vier Wochenenden im Jahr.
Historisches Wochenende: Wer dieses Jahr noch mit der Dreiseenbahn fahren möchte, hat nur noch nächstes Wochenende dazu Gelegenheit. Am 20. und 21. August findet das historische Wochenende am Bahnhof Seebrugg statt. Neben den üblichen Fahrten mit der Bahn wird auch gezeigt, wie früher Güter verladen wurden. Holz und Kohle finden dann ihren Weg von der Laderampe auf den Güterwaggon.